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oder

die unendlich brodelnde Emotionssuppe

 

von

Annelie Jagenholz

 

Die nicht geahnte Kunst

Samstag, 5. Januar 2013 - in Kunst

Man Ray und die Bescheidenheit

 

Auf seinem Grabstein steht die Inschrift: “unconcerned, but not indifferent”. Sicherlich war er alles andere als unbekümmert. Man Ray behauptete ganz klar von seinem Werk: "Fotografie ist nicht Kunst." - "Kunst ist nicht Fotografie." Das sagte ausgerechnet der, der mit seinen Fotos wahre Ikonen schuf, denkt man an seine Aktbilder oder surrealen Aufnahmen. Er nutzte nicht das Anliegen der Ewigkeit, sondern die verlorene Belichtungszeit, öffnete sich der erotischen  Transgression des Banalen und Gewohnten. Erst diese neuen Richtungen ermöglichten auch über die Kunst hinaus, z. B. in der Literatur Texte wie die von Breton, Crevel und co, die mit Sex und Tod spielten. Und die Verbindung zwischen Fotografie und Kunst ist nicht nur über die Fotografie selbst zu erspüren, sondern auch stark miteinander vermengt, denkt man an das bekannte Bild von Man Ray, der Dali und seinen Totenschädel interpretiert:


(Quelle: scoop.it)

Gerade zu dieser Zeit verband sich wie eine neue Bewusstseinsevolution Kunst mit Fotografie, Literatur und Film. Man Ray drehte mit Marcel Duchamp mehrere Kurzfilme, Dali tat sich mit Buñuel zusammen und der Kunstfilm nahm immer weiter seinen Lauf.

So gehört also auch Man Ray zu den bescheidenen Künstlern, wie es z. B. über Max Ernst berichtet wurde, der sagte, statt Lorbeeren wäre ihm eine kleine Waldbeere lieber. Wenn für ihn und seine Malerei gilt: "Man malt, weil man neugierig ist, und nicht, weil man etwas machen will. Das ist eine höhere Instanz des Automatismus, die einen dazu zwingt. Dabei ist das Erstaunen über das, was zustande kommt, ebenso groß wie zu Beginn." (Max Ernst) - dann gilt dies auch darüber hinaus für die verschiedenen Einschätzungen der Künstler über sich selbst und ihre Kunst.
Kunst ist Kunst, könnte man sagen. Und das beinhaltet wirklich alles, was der Vorstellung möglich bzw. durch Wahrnehmung erfahrbar ist, selbst dann, wenn es noch nicht unmittelbar einsehbar ist. Genauso gut könnte man demnach sagen: Kunst ist nicht Kunst.

 

 

 

© Annelie Jagenholz